Die Bauwirtschaft steht personell immer wieder vor großen Herausforderungen. Sie muss ihre maschinellen und personellen Kapazitäten grundsätzlich an den Bedarf an Bauleistungen anpassen. Nachdem es zwischen den Jahren 1995 und 2005 eine lange Zeit der Baurezession gab, bauten viele Unternehmen ihre personellen Kapazitäten beim kommenden Bauaufschwung nur zögerlich auf. Zu groß ist die Angst vor Fehlinvestitionen. Zwar wurde die Personaldecke von 2009 bis 2023 um etwa eine halbe Million Menschen erhöht, gemessen an der Zahl der Rentenabgänger waren aber nur etwa 220.000 Bauarbeiter hinzugekommen. Mehr Bauinvestitionen erfordern allerdings wieder mehr Personal und die Aufstockung kann auf verschiedene Weise erfolgen.
Subunternehmen aus dem Ausland bedarfsweise einsetzen
Wenn es schnell gehen muss oder kurzfristig personelle Engpässe auftreten, setzen viele Unternehmen auf die Zusammenarbeit mit Subunternehmen aus Osteuropa. Diese Praxis hat sich in den letzten Jahren als pragmatische Lösung etabliert, um Baumaßnahmen nicht verschieben zu müssen. Die Einsatzmöglichkeiten sind flexibel, die Verfügbarkeit ist meist kurzfristig realisierbar.
Im Jahr 2009 lag die Zahl der nach Deutschland geschickten Arbeitern noch bei 51.240 Personen, im Jahr 2024 waren es bereits 86.000.
Integration von Menschen ohne Arbeit in die Baubranche
Auf dem deutschen Arbeitsmarkt gibt es Potenzial, das bislang zu wenig genutzt wird. Menschen mit Migrationshintergrund, Quereinsteiger oder Langzeitarbeitslose bringen zwar nicht immer klassische Ausbildungen im Hoch- und Tiefbau oder ähnlichen Bereichen mit, dafür aber oft die Motivation und Bereitschaft körperlich zu arbeiten. Durch gezielte Schulungen und niederschwellige Einstiegsmodelle können Unternehmen mit der Zeit neue Arbeitskräfte aufbauen, die auch langfristig im Betrieb bleiben.
Auch wenn sich die Form der Personalgewinnung hinzieht, sind einmal aufgebaute Arbeitskräfte wertvoll und loyal für die Zukunft. Eine geringere Fluktuation und persönlich geschulte Mitarbeiter sind dem Druck auf der eigenen Baustelle optimal gewachsen.
Nachwuchsbewerbung intensivieren und junge Menschen neugierig machenViele Jugendliche haben ein veraltetes Bild vom Bau. Schmutzige Hände und schwere körperliche Arbeit schrecken ab. Dabei ist die Branche heute moderner als damals. Die Verdienstmöglichkeiten sind ohne Weiterbildung vielleicht nicht so hoch wie die eines Rechtsanwalts, es gibt aber gute und vielfältige Aufstiegsmöglichkeiten. Als Unternehmer sollte man heute alles daransetzen, die Baubranche attraktiver zu machen. Besuche an Schulen, niederschwellige Praktika und ein gepflegter Social-Media-Auftritt gehören zu wichtigen Maßnahmen.
Wer als erlebbares Unternehmen aktiv ist, erreicht junge Menschen besser als mit der typischen Stellenausschreibung. Die Baubranche braucht einen Imagewechsel und Betriebe die Lust auf diesen Beruf machen.
Den aktuellen Personalbestand haltenWer gutes Personal hat, muss es halten. Die wichtigsten Maßnahmen fangen bei der konsequenten Wertschätzung an. Eine gute Bezahlung ist Pflicht, außerdem sollten die Arbeitsbedingungen das Bare Minimum des Arbeitsschutzgesetzes überschreiten. Ältere Mitarbeiter sind unverzichtbar, weil sie Erfahrung und Routine mitbringen. Sie sind optimal dazu geeignet, Nachwuchs zu fördern und auszubilden.
Wichtig ist auch, die Frauenquote stärker zu berücksichtigen. Der Bau gilt noch immer als Männerdomäne, dabei ist eine gezielte Förderung von Frauen in der Branche langfristig zielführend. Nicht nur in MINT-Fächern sind Frauen gefragte Arbeitskräfte, sie können auch Bau.
Wenn das anerkannt und unterstützt wird, lässt sich dem Fachkräftemangel langfristig vorbeugen. Und so sinnvoll das lange Abwarten in bauschwachen Zeiten ist, so wichtig bleibt es, auch während dieser Phasen gezielt auf Aufbau von Fachkräften zu setzen.