Wir denken alle gelegentlich in Schubladen. Das ist nur menschlich und oft auch gar nicht schlimm – für die Work-Life-Balance kann es aber tödlich sein. Wer Schubladendenken vermeidet, bekommt das Leben oft besser hin.
Warum schadet Schubladendenken der Work-Life-Balance?
Um zu zeigen, wie schädlich Schubladendenken für die Work-Life-Balance sein kann, nehmen wir ein Beispiel. Mein Freund Michael ist Psychologe (der Name ist natürlich geändert).
Vor zwei Jahren fing Michael bei einer Einrichtung für Kinder an, bei der es drunter und drüber ging. Wichtige Regeln wurden nicht eingehalten, die Chefin trickste allerhand herum und die Leittragenden waren immer die Patienten.
Michael ging es schrecklich. Er litt mit seinen Patienten, war der Situation aber völlig hilflos ausgeliefert. Schließlich hatte er ja diesen Job angenommen, um seinen Patienten zu helfen und stellte außerdem den Anspruch an sich selbst, seinen Job gut zu machen. Dazu kam, dass er durch eine kreative Arbeitszeitverteilung und zahlreiche unbezahlte Überstunden völlig überlastet war. Das Private kam zu kurz, Michael war nur noch schlecht gelaunt.
Warum blieb er in dem Job? Er hätte schließlich auch kündigen können. Anfangs versuchte er zwar noch das Gesicht zu wahren und erzählte davon, die Patienten nicht im Stich lassen zu wollen, aber das war natürlich nur die halbe Wahrheit. Durch seine Beihilfe zu einem unmenschlichen System schadete er den Patienten ja eigentlich eher.
Irgendwann gestand Michael mir und vor allem sich selbst ein, dass es ihm zumindest nicht ausschließlich um die Patienten ging. Er wollte einfach nicht scheitern. In seinem Kopf gab es eine Schublade, auf der stand “Erfolg” und darin lag sein Plan: Fange bei einer Einrichtung an, werde befördert und übernehme sie irgendwann.
Dieser Plan war so dominant, dass er den Blick für die Wirklichkeit verstellte. In Michaels Situation beinhaltet “Erfolg” eben nicht kündigen, sondern dabei bleiben und sich durchsetzen.
Dabei verlor Michael völlig aus dem Blick, dass Erfolg als Psychiater heißt, den Menschen zu helfen. Das war hier nicht möglich. Realistisch gesehen bedeutete weitermachen, eigentlich zu scheitern. Das ist objektiv betrachtet offensichtlich, aber Michaels Schubladendenken verhinderte, dass er diese Erkenntnis auch selbst treffen konnte.
Wie man die Probleme des Schubladendenkens überwindet
Für eine gute Work-Life-Balance müssen wir mit dem Leben so umgehen, wie es ist. Vordefinierte Schubladen schaden dabei nur.
Natürlich kommt niemand von uns ganz ohne Schubladendenken aus. Darum geht es auch gar nicht. Es reicht völlig, sich bei Problemen zu fragen, ob die eigenen Schubladen das Problem nicht vielleicht eher begünstigen, als bei der Lösung zu helfen.
Wenn wir erkennen, dass uns die eigenen Schubladen bei der Lösung wichtiger Konflikte im Wege stehen, ist das der erste Schritt zur Besserung. Wir können an unserer Weltsicht arbeiten und Alternativen zu unseren bestehenden Schubladen anlegen, die uns bei unserer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und uns langfristig glücklicher machen.
Wie immer liegt der Schlüssel zu einer guten Work-Life-Balance in den Nuancen und im Vermeiden von Verallgemeinerungen, welche in den seltensten Fällen richtig oder angemessen sind.