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Die Geschichte von Telegram: Wie etablierte sich die WhatsApp-Alternative?

Redaktion Von Redaktion
Überprüft durch Florian Fratzscher
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Seit Jahren schwebt Telegram irgendwo zwischen digitaler Untergrundbewegung und gefeierter Kommunikationsplattform. Über 700 Millionen Menschen weltweit nutzen inzwischen diese App, die einst von zwei Brüdern aus Russland ins Leben gerufen wurde und deren Geschichte mehr Wendungen enthält als so mancher Spionageroman.

Während sich andere Messenger brav in die Regale großer Konzerne einsortieren, schlägt Telegram einen ganz eigenen Weg ein, geprägt von einer Mischung aus technischer Raffinesse, politischen Schlagzeilen und dem ewigen Versprechen von Freiheit.

Die Brüder Durow, ihre Vision und der Weg von Russland in die Welt

Die Geschichte von Telegram startet mit zwei Brüdern, deren Lebensläufe schon vor der Messenger-Revolution reichlich Stoff für ein Drehbuch geboten hätten. Pawel und Nikolai Durow heißen die beiden Köpfe hinter der App.

Geboren in Russland, schlugen sie zunächst andere Wege ein. Pawel Durow, Jahrgang 1984, machte sich als Gründer von VKontakte, dem russischen Pendant zu Facebook, einen Namen. Dort zog er Millionen Nutzer in seinen Bann, bis der Druck aus politischen Kreisen immer stärker wurde.

 

Denn im Jahr 2014 bekam Pawel Durow Probleme. Russische Behörden wollten Zugriff auf Nutzerdaten, doch Durow stellte sich quer. Konsequenz war, dass er erst seine Anteile an VKontakte verlor und dann seinen Posten als Geschäftsführer. Was viele als Niederlage gesehen hätten, wurde für Pawel Durow zum Antrieb. Zusammen mit seinem Bruder Nikolai, einem brillanten Programmierer, beschloss er, eine Plattform zu schaffen, die sich staatlicher Kontrolle entzog und die Privatsphäre der Nutzer schützte. Der Grundstein für Telegram war gelegt.

2013 tauchte Telegram zum ersten Mal in den App Stores auf. Anfangs dümpelte der Messenger noch vor sich hin, die Nutzerzahlen bewegten sich im überschaubaren Bereich. Doch wer genau hinschaute, erkannte bereits damals die Handschrift der Durows in Form eines kompromisslosen Willens zur Unabhängigkeit und einer klaren Vision von sicherer digitaler Kommunikation.

Was Telegram technisch anders macht

Viele Apps versprechen Sicherheit. Telegram versprach nicht nur, sondern lieferte eine Mischung, die so noch niemand gesehen hatte. Einerseits basiert der Messenger auf einer Cloud-Struktur, die es erlaubt, Chats auf mehreren Geräten gleichzeitig zu nutzen. Nachrichten werden also nicht ausschließlich auf einem Gerät gespeichert, sondern liegen verschlüsselt auf Servern von Telegram. Allerdings hat Telegram selbst die Schlüssel zu diesen Daten.

Im direkten Vergleich mit WhatsApp bedeutete das einen entscheidenden Unterschied, denn WhatsApp verschlüsselt sämtliche Chats standardmäßig Ende-zu-Ende, sodass niemand außer Sender und Empfänger mitlesen kann. Telegram bietet diese Option nur in seinen sogenannten „Geheimen Chats“.

Diese geheimen Unterhaltungen haben es allerdings in sich. Sie sind Ende-zu-Ende-verschlüsselt, Nachrichten lassen sich nach einer festgelegten Zeit automatisch zerstören und Screenshots sind in manchen Fällen blockiert. Weiterleiten? Fehlanzeige. Hier soll wirklich nichts nach außen dringen.

In diesem Kosmos voller Nischen und Möglichkeiten entstehen immer wieder Trends, die in anderen Apps kaum denkbar wären. So gibt es längst spezielle Kanäle und Gruppen, in denen Informationen kursieren, wo man die besten Telegram Casino findet, was zeigt, wie vielseitig und grenzenlos sich Telegram einsetzen lässt. Für manche ist genau das der Reiz,  eine Plattform, die sowohl für private Gespräche taugt als auch für exotische Hobbys, Geschäftsideen oder eben auch ungewöhnliche Communitys, die andernorts kaum existieren würden.

Wie Telegram weltweit an Einfluss gewann

Telegram blieb nicht lange ein Geheimtipp. Kaum hatte sich der Messenger etabliert, zog er immer größere Kreise. Gerade in politischen Krisenzeiten tauchte der Name Telegram regelmäßig auf, weil er plötzlich eine Bühne bot für Bewegungen, die anderswo keinen Platz fanden.

Ein markantes Beispiel war Hongkong im Jahr 2019. Dort griffen Protestierende auf Telegram zurück, um sich fernab staatlicher Überwachung zu organisieren. Kanäle wurden genutzt, um Routen von Demonstrationen zu teilen oder auf Polizeiaktionen hinzuweisen. Ähnlich verlief es im Iran, wo Telegram phasenweise zur wichtigsten App für Nachrichten und Kommunikation avancierte, trotz mehrfacher Sperrversuche durch die Regierung.

Telegrams Konflikte mit Regierungen und Behörden

Wo sich Protest und Opposition tummeln, lässt die Reaktion der Staatsmacht meist nicht lange auf sich warten. Telegram geriet immer wieder ins Visier von Regierungen, die gern einen Blick hinter die Kulissen werfen wollten. Besonders spektakulär war der Schlagabtausch zwischen Telegram und den russischen Behörden. Diese forderten ab 2018 Zugriff auf die Verschlüsselungsschlüssel, angeblich aus Gründen der nationalen Sicherheit. Telegram verweigerte die Herausgabe.

Russland versuchte daraufhin, Telegram komplett zu blockieren. Doch die Behörden mussten bald feststellen, dass das Vorhaben ungefähr so erfolgreich war wie das Zerschlagen von Quecksilber. Telegram wich auf neue IP-Adressen aus, verlagerte seinen Traffic, die App blieb für Nutzer erreichbar. Zwei Jahre später hoben die russischen Behörden die Blockade offiziell wieder auf.

Doch Russland war nicht das einzige Land mit Telegram-Problemen. Der Iran blockierte die App mehrfach, China ließ Telegram gar nicht erst dauerhaft ins Land. In Indonesien drohte zeitweise eine Sperre wegen anstößiger Inhalte und auch in westlichen Ländern wird Telegram regelmäßig kritisch beäugt. Immer wieder steht der Vorwurf im Raum, die Plattform diene zur Verbreitung von Hetze oder extremistischen Inhalten.

Wo Telegram zu Hause ist

Telegram wirkt manchmal wie ein digitaler Nomade. Feste Wurzeln sind Fehlanzeigen. Eine Firmenzentrale existiert offiziell nicht. Anfangs war Telegram in Berlin zuhause, dann wechselte das Team nach Dubai. Doch selbst dort bleibt alles in Bewegung. Der Grund für dieses vagabundierende Dasein liegt auf der Hand. Pawel Durow hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass Telegram unabhängig bleiben soll. Kein Staat, keine Regierung, kein Investor soll das Unternehmen kontrollieren können. Eine feste Adresse könnte jedoch Begehrlichkeiten wecken, Behörden könnten plötzlich vor der Tür stehen und Zugriff verlangen. Daher verteilt Telegram seine Server weltweit, hält die Entwicklerteams mobil und verzichtet weitgehend auf klassische Büros.

Dubai war trotzdem eine bewusste Wahl, denn dort sind internationale Geschäfte einfacher zu organisieren, das politische Klima gilt als vergleichsweise neutral und es gibt weniger staatliche Einmischung. Durow lässt keinen Zweifel daran, dass Telegram keine Plattform sein soll, die sich erpressen lässt. Alles dreht sich um die Freiheit, das Unternehmen nach eigenen Vorstellungen zu steuern.

Wie Telegram sich finanziert und was die Zukunft bringt

Lange war Telegram kostenlos, ohne dass die Finanzen eine sichtbare Rolle spielten. Doch Server wollen bezahlt werden, Datenströme verschlingen gigantische Summen. Viele Jahre finanzierte Pawel Durow die Plattform schlicht aus seinem eigenen Vermögen, das er nach dem Verkauf seiner VKontakte-Anteile aufgebaut hatte.

Irgendwann musste ein Plan her, der Telegram unabhängig halten würde, ohne es an große Investoren zu verkaufen. 2021 war es soweit und Telegram begann, vorsichtige Werbeanzeigen in großen öffentlichen Kanälen zu schalten. Die Botschaft lautete, keine Werbung in privaten Chats und keine Weitergabe von Nutzerdaten an Werbetreibende. Ein Jahr später folgte Telegram Premium. Gegen eine monatliche Gebühr gibt es nun Zusatzfunktionen wie größere Uploads, schnellere Downloads und exklusive Sticker.

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