Achtsamkeit ist die neue Wunderwaffe der Psychologie. Doch wem hilft sie wirklich? Schauen wir uns das Thema einmal genauer.
Was bedeutet Achtsamkeit?
Achtsamkeit kann im weitesten Sinne als besondere Form der Aufmerksamkeit verstanden werden. Es geht allerdings weniger darum, generell ein bisschen besser aufzupassen, sondern eher darum, bei den Dingen, die man gerne tut, besonders aufmerksam zu sein.
Die meisten von uns haben wenigstens einige Dinge und Menschen in unserem Leben, die wir lieben. Leider können wir diese oft kaum genießen, weil wir in der Zeit, in der wir uns mit ihnen beschäftigen, ständig andere Sachen im Kopf haben – wir sind nicht achtsam.
Die Achtsamkeitsbewegung will das ändern.
- Wenn wir unser Lieblingsessen essen, sollen wir uns auch wirklich auf die Geschmäcker in
unserem Mund konzentrieren, und nicht dabei fernsehen. - Wenn wir Zeit mit unseren Lieben verbringen, sollen wir auch wirklich geistig da sein, und nicht an die Arbeit denken oder am Handy hängen.
- Wenn wir unserem Hobby nachgehen, sollen wir es auch wirklich genießen, und uns dabei nicht die ganze Zeit schlecht fühlen, weil wir ja eigentlich noch so viel zu erledigen hätten.
Die Rechnung ist simple: wer die Dinge, die er mag, achtsam tut, hat mehr von ihnen als der, der gar nicht mitbekommt, dass er tut was er mag, weil er im Kopf woanders ist.
Achtsamkeit funktioniert tatsächlich. Wer achtsam ist, ist glücklicher und hat eine bessere Work-Life-Balance – das haben viele Studien gezeigt.
Wie wird man achtsamer?
Derzeit gibt es besonders zwei Methoden, die Psychologen zu mehr Achtsamkeit empfehlen:
1. Meditation. Meditation hilft, den Geist zu entrümpeln. Wer den Kopf frei hat, geht automatisch achtsamer durchs Leben. Das funktioniert tatsächlich für die meisten von uns, und man muss dazu auch nicht bei einem indischen Großmeister in die Lehre gehen. Es reicht, sich ein paar Mal die Woche bequem hinzusetzen bzw. hinzulegen und sich zu bemühen, einfach an nichts zu denken. Wenn ein Gedanke in den Kopf kommt, nimmt man ihn zwar zur Kenntnis, lässt ihn aber einfach vorbeiziehen. So lernt man, nicht mehr vom inneren Dialog überfordert zu werden und achtsamer zu leben.
2. Schriftliche Übungen. Wer regelmäßig aufschreibt, wofür er dankbar ist, lehrt seinem Verstand, automatisch nach den Dingen im Leben zu suchen. Das hilft bei der Achtsamkeit. Je nach Vorliebe kann man dazu entweder ein positives Tagebuch führen, in dem man die schönen Dinge des Tages notiert, oder Dankesbriefe an Menschen und Dinge schreiben – ob man diese auch abschickt, kann man ja immer noch entscheiden.
Darüber hinaus macht es natürlich Sinn, das Leben so zu strukturieren, dass man besonders viel mit Dingen zu tun hat, die man gerne tut. Im Umgang mit Menschen und Tätigkeiten, die man liebt, ist man automatisch achtsamer als im Umgang mit den Dingen, die man nicht ausstehen kann.
Grenzen der Achtsamkeit
Achtsamkeit kann also helfen. Es gibt aber auch Grenzen, und die hängen vor allem mit unseren individuellen Eigenarten zusammen.
In einer asiatischen Studie schrieben die Teilnehmer beispielsweise Dankesbriefe an ihre Eltern. Obwohl die Technik im westlichen Kulturraum Menschen half, achtsamer und glücklicher zu werden, wurden die asiatischen Studienteilnehmer unglücklicher. Dies lag sehr wahrscheinlich daran, dass es in Asien als unhöflich und zynisch gilt, sich bei den eigenen Eltern zu bedanken. Es impliziert, dass diese nicht gerne und freiwillig für das Kind da waren. Menschen, die zu einem derartigen Verhalten gezwungen wurden, wurden daher unglücklicher.
Achtsamkeit macht also nur Sinn, wenn sie sich auf die richtigen Dinge konzentriert. Wir müssen uns zuerst fragen, was den größten intrinsischen Wert für uns hat, und dann diesen Kompass unsere Achtsamkeit steuern lassen.
Fazit
Wer nur Dinge tut, die für ihn keinerlei intrinsischen Wert besitzen, dem können auch Achtsamkeitsübungen nicht helfen. Für alle, die aber wenigstens ein paar schöne Menschen und Tätigkeiten in ihrem Leben haben, kann es nicht schaden, ein wenig achtsamer durchs Leben zu gehen.