Bei den Projekten „Wohnen für Hilfe“ geht es unter anderem darum günstig eine Wohnung zu bekommen. Dabei wird ganz gezielt auf soziales Engagement und Solidarität gesetzt. In immer mehr Städten und Gemeinden gibt es diese Angebote “frei” zu Wohnen.
Wohnen im Austausch mit Arbeit
Als Gegenleistung für „kostenfreies“ Wohnen wird in aller Regel eine Stunde Hilfe je qm überlassenen Wohnraums angesetzt. Nähere Informationen dazu findet man unter www.wohnenfuerhilfe.info Dort ist am Anfang zu lesen: „… profitieren alle Beteiligten vom gegenseitigen Geben und Nehmen …“. Das ist dann auch schon die Erklärung, warum sich u.a. das Finanzamt ebenfalls dafür interessiert. „Geben und Nehmen“ übersetzt ein Finanzbeamter mit Begriffen wie Leistungsaustausch, Dienstleistung und Einnahmen.
Steuerliche Gegebenheiten
Bei der Finanzbehörde Hamburg ist nachzulesen, dass sich Bund und Länder für die Beurteilung der „Wohnen für Hilfe“ Projekte auf eine einheitliche Linie verständigt haben. Unter dem Aktenzeichen S 2253-2016/004-52 werden drei Grundmodelle dieser Konzeption beschrieben.
Modell 1: Verrichtung praktischer Alltagshilfen durch den Wohnraumnehmer an den Wohnraumgeber (z. B. Einkaufen, Kochen, Begleitdienste),
Modell 2: Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten durch den Studenten im unmittelbaren Wohnumfeld des Wohnraumanbieters,
Modell 3: Verrichtung einer gemeinnützigen/ehrenamtlichen Tätigkeit durch den Studenten im Stadtgebiet (ohne Zahlung einer Aufwandsentschädigungspauschale).
Für denjenigen, der den Wohnraum zur Verfügung stellt, ist die geleistete Arbeit in aller Regel als Mieteinnahme zu betrachten. Er erzielt also Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für den Nutzer will der Fiskus ein Arbeitsverhältnis darin sehen, dass er für eine fest umrissene Zeit genau bestimmte Tätigkeiten verrichtet. Er erzielt damit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Stellen wir folgende Überlegung an: Für eine 25qm große Wohnung werden monatlich 25 Stunden Hilfe geleistet. Wie bewertet man diese Hilfeleistung in Euro? Als Maßstab könnte die ortsübliche Miete je qm dienen. Der Einfachheit halber nehmen wir 5 EUR an.
Für den Vermieter ergeben sich damit Mieteinnahmen von jährlich 1.500 EUR. Diese sind grundsätzlich in der Steuererklärung anzugeben und um die damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten zu mindern. Fehlen diese Angaben, läuft man Gefahr sich der Steuerhinterziehung schuldig zu machen.
“Wohnen” zählt als Minijob
Der Mieter erhält seinen Arbeitslohn als Sachbezug: Er darf wohnen. Problematisch an dieser Stelle sind u.a. Konstellationen, wenn der Mieter noch einen Minijob mit einer Vergütung von beispielsweise 400 EUR hat. Die in Form von „wohnen dürfen“ entlohnte Hilfe im Wert von 125 Euro (für sich allein genommen auch ein Minijob) und der bereits bestehende Minijob, überschreiten zusammen die Grenze von 450 EUR. Dieses „wohnen dürfen“ wird damit zum sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit allen damit zusammenhängenden Konsequenzen. Das trifft nicht nur den Mieter, sondern auch den Vermieter als Arbeitgeber, haftet dieser doch für nicht entrichtete Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer, die möglicherweise anfällt.
Mindestlohn
Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Tatsache, dass in Deutschland seit einiger Zeit ein Mindestlohn gilt. Dieser Mindestlohn ist ein in Geld zu zahlender Lohn. Die Anrechnung oder Verrechnung mit einem Sachbezug, wie hier Logis, ist nicht möglich. Daraus ergibt sich, dass der Vermieter dem Mieter den aktuellen Mindestlohn als Geldleistung schuldet, ganz davon abgesehen, dass im obigen Beispiel die Hilfeleistung je Stunde mit 5 Euro vergütet wird, was per se schon unter dem Mindestlohn liegt. Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet mit einem zeitnah geführten Stundennachweis die Einhaltung des Mindestlohnes nachzuweisen, was ihm kaum gelingen wird. Die Unterschreitung des Mindestlohns ist mit Geldbuße belegt.
Für die Modelle 2 und 3 ergeben sich ähnlich gelagerte Fragestellungen und Probleme. Sie sind einer eigenen auf den Einzelfall bezogenen Beurteilung vorbehalten.
Ob und mit welcher Hartnäckigkeit die Finanzverwaltung diese Wohnen für Hilfe-Modelle in den einzelnen Bundesländern unter die Lupe nimmt, bleibt abzuwarten. Da sie sich bereits auf Bund- und Länderebene abgestimmt haben, wird das nicht ohne Folgen bleiben.