Letzte Woche habe ich dir in Teil 1 dieser Reihe, einen kleinen Einblick in die imposante Geschichte und das Wirken Amazons gewährt, der noch viele Fragen offen ließ. Heute beginnen wir damit, ein paar davon zu klären.
Wenn du dich entschließt, mit Online Handel deine Brötchen zu verdienen, ist die erste Frage die du dir stellen wirst allerdings nicht, wie Amazon funktioniert, sondern ob es überhaupt die Verkaufsplattform deiner Wahl sein sollte?
Amazon oder eBay
Früher oder später muss jeder, der ohne eigene Website ernsthaft mit Online-Handel sein Ding machen will, für sich die Frage beantworten, ob das bei Amazon oder bei eBay passieren soll.
Vielleicht möchtest du jetzt einwenden, dass einiges dafür spricht, eine Multi-Channel-Strategie zu verfolgen und auf beide Varianten gleichzeitig zu setzen. Grundsätzlich ist dem auch nichts entgegenzusetzen. Allerdings wirst du dich nicht mit gleicher Intensität und mit gleich viel Engagement um beide Baustellen gleichzeitig kümmern können. Erst recht nicht um welche, die eine völlig verschiedene Beschaffenheit haben. Du solltest daher also Prioritäten setzen und diese auch befolgen.
Im Zuge dieses wichtigen Auswahlprozesses spricht einiges für Amazon, wie du gleich sehen wirst. Klar, auch eBay ist natürlich eine Plattform, die Verbraucher auf der ganzen Welt anzieht und fasziniert. Allerdings spielt hier mehr der Nervenkitzel des Auktionsformates eine Rolle, denn der reguläre Einkauf auf eBay, wird von den meisten Konsumenten als komplizierter wahrgenommen als bei Amazon. Das liegt vor allem daran, dass es bei eBay zu jedem einzelnen Produkt erschlagend viele Angebotsseiten gibt, durch die man sich kämpfen muss.
Stell dir vor, du würdest dich für, sagen wir mal, ein Keyboard interessieren und hättest dich bereits für einen bestimmten Hersteller und ein Modell entschieden. Bei eBay kommt nun die Aufgabe auf dich zu, zahlreiche Angebote ganz genau unter die Lupe zu nehmen. Die Eingabe von Hersteller und Modell bringt nämlich in der Regel viele Ergebnisse mit sich.
Dort entdeckst du neben vielen Neuware-Angeboten auch gebrauchte Produkte in unterschiedlichem Zustand, B-Ware, defekte Geräte oder ganz andere Modelle, die der einzelne Verkäufer lediglich mit diesen Keywords eingestellt hat, um potenzielle Käufer auf sein Angebot zu locken. Heißt also: Du brauchst hier verdammt viel Zeit, um das für dich beste Angebot zu finden. Davon abgesehen gibt es auf eBay auch jede Menge Privatverkäufer und auf privat verkaufte Artikel, muss kein Umtauschrecht eingeräumt werden. Bist du mit deinem Kauf unzufrieden, hast du in der Regel schlechte Chancen.
Bei Amazon verläuft das ganz anders, da es hier zu jedem Artikel nur EINE Produktseite gibt. Hier wird dir in der Regel der günstigste Anbieter zentral angezeigt und du kannst dich außerdem drauf verlassen, dass dir das Produkt schnell und den strengen Amazon-Richtlinien entsprechend zugestellt wird, wohingegen du bei eBay den Händler vor deinem Einkauf selber kritisch überprüfen musst.
Darüber hinaus ist es den Verkäufern nicht möglich, einen Artikel einfach nach Lust und Laune zu betiteln, um bei den Suchergebnissen eine Bevorzugung zu ergaunern. Jeder Artikel muss mit einem eigenen Barcode versehen sein, um seine klare Zuordnung gewährleisten zu können. Aber dazu nächste Woche mehr.
Das sind schon ziemlich grundlegende Unterschiede in der Aufstellung, die im direkten Vergleich zu eBay, natürlich gewisse Auswirkungen haben. Von 10.000 befragten Nutzern einer aktuellen Online-Umfrage geben 85,16 Prozent an, sie würden lieber bei Amazon einkaufen. Für einen „Sofort-Kauf“ bei eBay entschieden sich dagegen gerade mal 14,44 Prozent. Wenn du als Händler also vor der Wahl stehst, dich entweder bei Amazon oder bei eBay zu engagieren, dann solltest du nicht lange überlegen müssen.
Amazon in der öffentlichen Wahrnehmung
Amazon hat in den Augen vieler ein angeknackstes Image. Schon einige Male habe ich mit Leuten wilde Diskussionen darüber führen müssen, dass ich mit meiner Arbeit ja „solche Konzerne“ unterstütze. Wie kann ich nur? Und deshalb gehört dieses Thema für mich genauso wie alle anderen Aspekte, mit in diese Amazon-Artikelserie.
Gefühlt vergeht kaum eine Woche, in der man in den öffentlichen Medien nicht mit Scheiße Richtung Amazon schmeißt und gewisse Unternehmenspraktiken auf den Prüfstand gestellt werden. Im Februar 2013, ging es dann zwischenzeitig richtig ab, als die ARD ihre Reportage „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon“ erstmalig ausstrahlte.
Dargestellt wurden hier die „menschenunwürdigen Zustände“, unter denen Leiharbeiter in einem deutschen Paketzentrum arbeiten mussten. Ein anderes Beispiel für die Darstellung von Amazon in der Öffentlichkeit sind die zahlreichen Berichte über die von der Gewerkschaft ver.di unterstützten Streiks in verschiedenen Amazon-Logistikzentren. Durch die Arbeitsverweigerung soll der Konzern dazu gezwungen werden, seine Mitarbeiter teilweise nach den Tarifen des Einzelhandels und nicht der Logistik-Branche zu bezahlen, was aber nunmal nicht der Arbeit entspricht, die die Mitarbeiter verrichten. Ich kann als Flugzeugtechniker auch nicht verlangen, wie ein Pilot bezahlt zu werden.
Aber wie es bei Skandalnachrichten immer ist, brennen sich gewisse Bilder schnell in den Köpfen der Menschen ein und sind schwer wieder zu beseitigen. Aus jener ARD-Reportage hat man noch Bilder von unterdrückten Arbeitern ohne Zugang zu Toiletten und unter strenger Bewachung vor Augen, die sich mit den Berichten über immer wieder stattfindende Streiks zu einem dramatischen, kraftvollen Bild verbinden. Dabei geht es im Fall der ARD-Dokumentation um ein Nicht-Amazon-Paketzentrum, mit dem Amazon seit Bekanntwerden der dortigen Zustände nicht mehr zusammenarbeitet und im Fall der Streiks um eine Auseinandersetzung über die konkrete Bezahlung und keineswegs um Mitarbeiter, die für eine menschenwürdige Behandlung kämpfen.
Ich kann an dieser Stelle selbstverständlich nicht allwissend beantworten, wie sich Amazon konkret gegenüber jedem einzelnen Mitarbeiter im In- und Ausland verhält. Was ich allerdings sagen kann, ist, dass die Nennung des Namens dieses Unternehmens in der Öffentlichkeit stets eine große Aufmerksamkeit erzeugt. Und das ist nicht nur den Redakteuren bekannt, die immer wieder gerne zu einem Bericht über Amazon greifen um ihre Auflage zu pushen, sondern auch den Gewerkschaften, die ihre eigene Popularität durch die, wenn auch negative Verbindung zu Amazon, steigern können.
Es ist nichts anderes als bei Nachrichten über Promis und deren vermeintlichen Fehltritten. Amazon ist der mit Abstand größte Online-Shop Deutschlands und eine solche Position erzeugt natürlich jede Menge Aufmerksamkeit. Hier muss sich jeder, ob nun Verbraucher oder Händler, ein eigenes Bild verschaffen und am Ende entscheiden, ob er generelle Einwände gegen Amazon hegt oder nicht. Jedenfalls gibt es auch genügend Beiträge über glückliche und zufriedene Amazon Mitarbeiter bei Youtube zu finden.
Nächste Woche: Crashkurs
Was haben wir also bis jetzt? Wir haben über das imposante Wachstum und die Geschäftstätigkeit Amazons gesprochen. Wir sind auf Zahlen und Fakten zur besseren Einschätzung der Marktbedeutung eingegangen. Wir haben den Marktplatz gegen das Online-Auktionshaus eBay antreten lassen und uns sogar mit der öffentlichen Kritik an Amazon beschäftigt.
Nach dieser informativen und dennoch kompakten Einführung sollten wir nun ans Eingemachte gehen: Den Verkauf von Produkten bei Amazon.
Wenn das alles bisher für dich cool klang und du jetzt Lust drauf hast, mit dieser aufregenden, spannenden und vor allem aussichtsreichen Verkaufsmöglichkeit durchzustarten, dann ist der folgende Crash-Kurs genau das Richtige für dich.
In den kommenden Teilen gehe ich auf die wichtigsten Aspekte des Handels bei Amazon ein, für die ansonsten wochenlange Recherche notwendig ist. Der Verkauf von Produkten bei Amazon ist nämlich mittlerweile alles andere als einfach, sondern durch haufenweise Möglichkeiten, Optionen und Zusatzfunktionen komplex und anspruchsvoll geworden. Nichts, was nicht zu meistern wäre, keine Sorge. Aber würdest du auf die zahlreichen strategischen Kniffe einfach verzichten, dann wärst du mit deinen Angeboten zwar auf dem Amazon-Marktplatz vertreten, aber nur „dabei sein“ ist nicht immer alles…
Im nächsten Teil führe ich dich Schritt für Schritt durch die allererste Anmeldung als Verkäufer, erkläre dir, wie du Produkte einstellst und den optimalen Preis festlegst.
Später behandeln wir außerdem, wie du mit deinen Produkten in die begehrte, sogenannte „Buybox“ gelangst und wie du ein perfektes Verkäuferprofil erstellst. Außerdem erläutere ich dir, welche Chancen mit dem Versand durch Amazon und mit der Internationalisierung deiner Verkäufe verbunden sind, wie dich der Konzern in wichtigen Fragen aktiv unterstützt und wodurch sich ein optimaler Aftersale-Service auszeichnet.
Work smart, not hard.