Management

Tradierende Führungsstile nach Max Weber: Heute nur noch selten anzutreffen

Pia von Beren Von Pia von Beren
Zuletzt bearbeitet am:

Kurz zusammengefasst:

  • Max Weber hat in seiner Theorie der tradierenden Führungsstile drei Arten von Autorität unterschieden: die traditionelle, die legale-rationale und die Charismatische Autorität.
  • Traditionelle Autorität basiert auf der Akzeptanz von Traditionen und überlieferten Regeln, die von Vorgängern etabliert wurden.
  • Legale-rationale Autorität basiert auf formalen Regeln und Gesetzen, die von einer legitimen Instanz festgelegt wurden. Charismatische Autorität basiert auf der persönlichen Anziehungskraft und dem Charisma einer Person.
  • Weber betont, dass diese Arten von Autorität oft miteinander kombiniert werden und dass jede Art von Autorität ihre eigenen Stärken und Schwächen hat und in verschiedenen Situationen und Kontexten effektiver sein kann.

Die Führungstypologie nach Max Weber (1864 bis 1920) prägte in der Vergangenheit viele Unternehmen. Max Weber war Soziologe und der Erste, der verschiedene Führungsstile erkannte und sie begrifflich voneinander abgrenzte. Diese Führungsstile sind heute in der reinen Form eher selten zu finden. Stattdessen treten sie in vielen Zwischenstufen auf. Zum besseren Verständnis werden sie in diesem Artikel einzeln betrachtet.

Patriarchalischer Führungsstil

älterer Manager
Quelle: Gyorgy Barna/Shutterstock.com

Die Führungskraft führt bei diesem Führungsstil seine Mitarbeiter ähnlich wie ein Familienvater, aber beteiligt sie jedoch nicht an der Führung. Seinen Anspruch an Führungsherrschaft sieht er in seinem Erfahrungs-, Wissens- und Generationsunterschied begründet. Dabei sind die Angestellten ihm zu Gehorsam verpflichtet und haben jederzeit Zugang zu ihm. Es ist also keine Beteiligung der Mitarbeiter an Entscheidungen und Lösungsfindung bei Problemen vorgesehen. Konkurrenz hat der Führende nicht zu fürchten. Der Führungsstil ist zwar nicht mehr zeitgemäß, aber durchaus in einigen Familienunternehmen und kleinen mittelständischen Unternehmen noch heute anzutreffen.

Aufgrund der Überschaubarkeit ist der Koordinationsaufwand für die patriarchalische Führung recht gering. Allerdings ist die Effizienz dieses Führungsstils beschränkt, da er das geistige Potenzial der Angestellten nur wenig bis gar nicht fördert. Patriarchen dulden keinen Widerspruch und betrachten ihre Worte als Gesetz. Die Unternehmen, in denen dieser Führungsstil zum Tragen kommt, sind insgesamt sehr hierarchisch gegliedert. Von dem jeweiligen Nachrangigen werden absolute Disziplin und Gehorsam gefordert. Allerdings impliziert die patriarchalische Führung, dass sich die Führungsperson verpflichtet, für seine Angestellten zu sorgen.

Charismatischer Führungsstil

Der charismatische Vorgesetzte begründet den Anspruch auf Führung auf seine als göttliche Fügung oder Gnadengabe empfundene Fähigkeit, seine Untergebenen mithilfe seiner Ausstrahlungskraft zu führen. Da die Führungsperson einzigartig ist, hat sie keinen Stellvertreter, Nachfolger oder Vorgänger. Dank der Begeisterung ihrer Mitarbeiter für sie, kann die Führungsperson von den Angestellten jedes Opfer abverlangen, ohne dass sie sich ihnen in irgendeiner Weise verpflichtet fühlt. Damit sind ihre Untergebenen von ihr abhängig.

Die Führungskraft hat eine große Vorbildfunktion. Im Vergleich zum patriarchalischen Führungsstil ist sie beim charismatischen Führungsstil aber weitaus höher. Der Herrschaftsanspruch basiert hier jedoch weniger auf Gehorsam, dafür aber auf der hohen Anerkennung des Vorgesetzten seitens der Mitarbeiter. Dank seiner besonderen Ausstrahlung ist der Vorgesetzte in der Lage, die gesamte Belegschaft mitzureißen und ihr Zuversicht zu vermitteln. Und die Belegschaft muss diese Gegebenheiten annehmen.

Autokratischer Führungsstil

Handgeste Manager
Quelle: SmartPhotoLab/Shutterstock.com

Ein autokratisch führender Vorgesetzter ist mit nahezu unbegrenzter Macht ausgestattet, ähnlich wie der Charismatiker und der Patriarch. Allerdings herrscht er nicht unmittelbar, sondern bedient sich eines Führungsapparates. Dem autokratischen Vorgesetzten fehlen außerdem die Begeisterung des Charismatikers und die Wärme des Patriarchats. Während beim patriarchalischen Führungsstil jedoch der Führende verpflichtet wird, die moralische Verantwortung für seine Untergebenen zu übernehmen, gibt es diese besondere Komponente beim autokratischen Führungsstil nicht.

Dieser Führungsstil ist in Großunternehmen und absoluten Staaten entstanden, denn die Bedienung eines Führungsapparates machte den Aufbau dieser großen sozialen Gebilde erst möglich. Aber erst der besondere Typ von Untergebenen, nämlich der, der sich selbst zum präzisen und unbedingten Gehorsam verpflichtet, macht diesen Führungsstil möglich. Der autokratische Führungsstil nach Max Weber entspricht dem autoritären Führungsstil nach Kurt Lewin. Sobald schnelle und manchmal auch unbequeme Entscheidungen getroffen werden müssen, ist der autokratische beziehungsweise autoritäre Führungsstil vorteilhaft.

Bürokratischer Führungsstil

Dieser Führungsstil ist durch Dienststellenbefugnisse, strenges Reglement und fachliche Kompetenzen von bürokratischen Instanzen geprägt. An die Persönlichkeit des Vorgesetzten werden keine hohen Ansprüche gestellt, denn an die Stelle einer alleinigen Führungspersönlichkeit tritt eine strenge Hierarchie in allen Ebenen. Richtlinien und Anweisungen regeln sowohl die interne als auch die externe Zusammenarbeit. Dabei existieren ständige Kontrolle und Gegenkontrolle. Die Position als Führungskraft ist auf andere übertragbar und zeitlich beschränkt. Diesem Führungsstil mangelt es an Effizienz und Flexibilität.

Autokratischer Führungsstil vs. Laissez-faire-Führungsstil

Führungsstile
Quelle: mariakraynova/Shutterstock.com

Das Gegenteil des autokratischen Führungsstils ist der Laissez-faire-Führungsstil. Während die Untergebenen beim Laissez-faire-Führungsstil eine größtmögliche Handlungsfreiheit haben und ihren Arbeitsplatz selbst gestalten können, müssen sie sich beim autokratischen Führungsstil total passiv verhalten. Autokratisch geführte Mitarbeiter unterliegen der Kontrolle des Vorgesetzten und einer strengen Hierarchie. Laissez-faire geführte Mitarbeiter kontrollieren sich selbst. Darüber hinaus erhalten sie dabei die Möglichkeit, ihre Kreativität und andere persönliche Stärken in das Unternehmen einzubringen. Das kann zu Leistungssteigerung führen.

Die einem autokratischen Vorgesetzten unterstellten Mitarbeiter erhalten keinen oder zu wenig Handlungsspielraum. Wenn sich die Führungsperson für unersetzlich empfindet, trauen sich die Mitarbeiter meist nicht, selbst Verantwortung zu übernehmen. Dabei werden besonders die Mitarbeiter, die sich einbringen möchten, zu stark ausgebremst und fachliche Ressourcen gehen verloren.

In Konfliktsituationen ist der Laissez-faire-Führungsstil allerdings weniger sinnvoll, der autokratische Stil hingegen schon. Gerade in solchen Situationen kommt es auf entschlossenes und schnelles Handeln an. Die Anweisungen müssen dann ohne Widerspruch von den Mitarbeitern umgesetzt werden. Da keine Kompetenzabklärung notwendig ist, verschafft der autokratische Führungsstil in jeder Situation Klarheit. Hier kann ohne Zeitverzögerung gehandelt werden.

Keine konkreten Verhaltensempfehlungen von tradierenden Führungsstilen ableitbar

Inzwischen gilt das Konzept der Führungsstile nach Max Weber überholt, da sie sehr statisch aus vielen individuellen Verhaltensweisen zu einem Stil oder einer bestimmten Klassifikation verdichtet wurden. Daraus lassen sich kaum situationsbezogene, konkrete Empfehlungen für das richtige Führungsverhalten ableiten. Darüber hinaus kann ein Führungsstil nur wirksam sein, wenn er zu der jeweiligen Person passt, die diesen praktizieren will.

Allgemeine Bedeutung der Führungsstile geht nicht verloren

Auch wenn es viele überholte Führungsstile gibt, an Bedeutung verlieren Führungsstile dennoch nicht.

Der jeweils in einem Unternehmen angewendete Führungsstil kann einen erheblichen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben.

Werden die Mitarbeiter gut geführt, sind sie im Normalfall motiviert, sehr engagiert und zufrieden. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter wirkt sich positiv auf die Kundenzufriedenheit aus. Unternehmen mit einer überdurchschnittlichen Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sind auch wirtschaftlich erfolgreicher als Unternehmen mit unzufriedenen Mitarbeitern.

Hier zur Übersicht wichtiger Führungsstile mit Merkmale und Unterschiede

Literaturquellen:

  • www.personalmanagement.info/hr-know-how/glossar/detail/fuehrungsstile-tradierende/
  • Walter Simon: GABALS großer Methodenkoffer – Führung und Zusammenarbeit; GABAL Verlag; E-Book Erscheinungsjahr 2010
  • www.marketingimpott.de/blog/mitarbeiter-fuehren-teil-1-fuehrungsstile-nach-max-weber/

Autorenfoto
Pia von Beren
Pia von Beren ist eine erfahrene Produktmanagerin mit über 10 Jahren Erfahrung in Bildung, Veranstaltungen und Medien in Europa und Amerika. Sie besitzt starke Fähigkeiten in Projektmanagement und Inhaltsentwicklung und hat eine besondere Neugier für Menschen und Kulturen. Pia entwickelt innovative Produkte, die Menschen beim Lernen unterstützen. Sie arbeitet gerne in internationalen Remote-Teams und setzt sich für Diversität und Inklusion ein. Zudem engagiert sie sich im Stipendienausschuss von Ada ITW, einer Organisation, die Frauen technologische Chancen bietet.

Schreibe einen Kommentar